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2015 – aber natürlich haben wir gute Vorsätze

Ich gestehe, bei der Frage nach den guten Vorsätzen musste ich passen. Das übliche Blabla halt, abnehmen, gesünder essen, mehr Sport. Auch mein Mann schaute recht merkwürdig, als ich ihm aus einem Gefühl des Wirmüssenunsauchwasgutesvorsätzennehmen heraus, nach guten Vorsätzen fragte. Vielleicht leben wir tatsächlich in dem so viel zitierten Jetzt. Manchmal auch noch etwas in der Vergangenheit. In die Zukunft sehen wir mit gemischten Gefühlen.

Das kann natürlich nicht jeder verstehen. Und das muss auch nicht jeder verstehen. Geht es der Uschimaus gut, haben wir auf jeden Fall eine Wahnsinnszukunft, eine vorstellbare. Sie glitzert, sie ist voller Lachen und Überraschungen. Waren die Bodenwellen auch noch so hoch, wir haben anständig drauf rumgekloppt, um einen Weg zu ebnen, der allen genehm ist in eben jene wundervolle feenstaubumhüllte Zukunft.

Geht es allerdings Uschimaus schlecht und sie muss bis kurz vor Weihnachten ins Krankenhaus („Das kann auch ein Rezidiv sein.“ „Das Blutbild sieht gar nicht gut aus.“), dann löscht sich pixelweise das Bild der Finkelfankelfunkelzukunft. Nein, wir werden uns nie an die Angst gewöhnen. Bei jedem Fieber, jedem größeren blauen Fleck, bei jeder plötzlichen Müdigkeit, Übelkeit, bei Kopf- und Bauchschmerzen klingen ganz zart Alarmglöckchen. Sie schrillen erst dann, wenn noch irgendwas obendrauf gekippt wird. Das kann eine unsensible Aussage eines Arztes sein oder ein zweiter, dritter Fiebertag.

Das Gute ist, dass das kleine Kind alles sehr gelassen durchlebt, die Aufmerksamkeit genießt und an ihren Forderungsstrategien stetig arbeitet. Lässt sich ein Wunsch besser erfüllen, wenn man mehr Schimpfwörter benutzt, lauter wird, den Bettelblick aufsetzt oder zur Schmuseattacke ansetzt? Das kann man auch morgens auf dem Weg zur Schule üben: „Seid still, ich möchte die Nachrichten hören!“. Aber natürlich Eure Hoheit. Wir wollen den Wissensdurst nicht durch unnötige Freundlichkeitsbegehren versiegen lassen.

Und da ist er ein guter Vorsatz, den wir nicht suchen müssen. Er ist zu uns gekommen, sehr aufdringlich: Die kleine Prinzessin muss ganz dezent entthront werden, ohne Gesichtsverlust, ohne Auswirkungen auf ihre doch relativ stabile Psyche. Ihre Sonderposition bedingt durch die schwere Erkrankung wird sie irgendwie nie verlieren, aber wir können zumindest so tun, als wäre alles normal und gleichberechtigt. Geschwisterkinder sind nämlich nicht zu beneiden. Und da ist er, der nächste gute Vorsatz: viel Aufmerksamkeit für die Geschwister, heilen der Wunden, stärken und bestärken, in dem, was sie tun, tun wollen. Sie sind so stark geworden durch die Zeit der Erkrankung – unfreiwillig.

Im Rückblick auf das Jahr 2014 denke ich, dass haben wir toll gemacht. Kein weiteres Zerbrechen, tiefer sinken in Klagen und Verzweifeln. Die Erhaltungstherapie ging Mitte Dezember zu Ende. Ich hätte mir ein unspektakuläreres Jahresende gewünscht, einen sanfteren Übergang in die tablettenfreie Zeit. Vielleicht entschädigt uns ja das bislang ruhig begonnene neue Jahr.

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