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Wo ist die Zeit geblieben?

Der Blog sollte mittlerweile schon gut gefüllt sein, doch ich hadere noch mit dem, was ich preisgeben will und kann. Letztendlich geht es um viele private Dinge, die ich nicht der ganzen Welt mitteilen möchte. Andererseits möchte ich auch darauf aufmerksam machen, wie sehr die Krebserkrankung eines Kindes die ganze Familie in ihren Grundfesten erschüttert, einen normalen Alltag gibt es danach nie wieder.

Das ist eigentlich auch nicht unser Ziel bzw. das, was wir brauchen. Um halbwegs über die Runden zu kommen, kommt man um Alltag und Normalität nicht herum. Vor allem die Kinder brauchen ihre Routinen, Grenzen und Regeln. Sie verlieren sich sonst. Während die Geschwisterkinder während der Zeit der Erkrankung sehr zurückstecken mussten, war unsere Jüngste in der Sonderrolle ihres Lebens. Zur schmerzhaften, kraftraubenden Therapie versuchten wir ein Gegengewicht zu schaffen in Form von grenzenloser Fürsorge und auch Wünscheerfüllung. Durch Therapie, Medikamente und auch viel Nachgiebigkeit durch uns, ist es uns gelungen, ein kleines Teufelchen zurecht zu schnitzen. Auch Tyrann wäre nicht übertrieben.

Und trotzdem wünschen wir uns mehr Intensität, mehr Verrücktes, mehr Träumen und Erleben. Langsam löst sich auch die Anspannung, das Misstrauen gegenüber der Krankheit. Aber da sind noch immer die wöchentlichen Klinikkontrollen, das Blutabnehmen aus der Hand, die schlechten Leberwerte. Die noch andauernde Erhaltungstherapie ist nie bei einhundert Prozent. Das gute ist, dass wir keine Pausen mehr haben, kein Fieber, kein Abrutschen der Werte. Eine Ärztin meinte einmal zu mir, dass das Buch des Schicksals bereits geschrieben ist. Demnach können wir nur positiv denken. Hoffen, dass dieses dunkle Kapitel der Leukämie uns nur einen richtigen Schubs in die richtige Richtung im Leben gegeben hat.

Das heißt also, den Jahren mehr Leben geben. Weise Worte dazu kann man viele lesen. Doch dies im Alltag umzusetzen ist so individuell und vielschichtig, dass mir die weisen Worte und wohlmeinenden Ratschläge bereits zum Hals raushängen. Wir befinden uns in einer Art Parallelwelt, von außen sieht alles wie immer aus, aber innerlich hat sich was verändert. Selbst ich bin gespannt, wie sehr das Erlebte uns mutig gemacht hat für die Dinge, die man immer aufgeschoben hat oder immer nur davon träumt.

Es ist mal wieder spät geworden, aber zum Schreiben ist es ja nie zu spät.

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